Hofmair, M. (2018). Liegenschaftsveräußerungen der öffentlichen Hand aus beihilferechtlicher und vergaberechtlicher Sicht [Master Thesis, Technische Universität Wien]. reposiTUm. https://doi.org/10.34726/hss.2018.55597
Besonders Gemeinden, aber auch Bund und Länder sind, direkt oder über in ihrem Eigentum stehende Gesellschaften, am Immobilienmarkt tätig. Dabei verfolgen sie einerseits öffentliche Interessen wie Wohnraumgewinnung oder Gewerbeansiedlung, verhalten sich aber andererseits zunehmend wie private Investoren. Gerade in Zeiten knapper Budgets ist die optimale Verwertung öffentlichen Eigentums ein Gebot der Stunde. Generell lässt sich ein Trend europäischer Staaten erkennen, ihre Einnahmen durch den Verkauf von staatlichem Immobilienvermögen aufzubessern. Diesem Trend folgt auch Österreich, so stieg die Anzahl der Immobilientransaktionen der öffentlichen Hand auch hierzulande. Dabei ist das Transaktionsvolumen bei Immobilienverkäufen der öffentlichen Hand regelmäßig auffallend gering. Dies erklärt sich einerseits mit der Größe der Immobilien der öffentlichen Hand, die ein hohes Leerstandrisiko verursacht, andererseits mit den speziellen Nutzungszwecken (Kasernen, Schulen, Krankenhäuser, Kraftwerke), die die Verwertung aufgrund notwendiger Umnutzung und hohen, damit verbundenen Investitionskosten erschweren. Was gilt es nun aus Verkäufersicht seitens der öffentlichen Hand zu beachten, wenn sie eine Liegenschaft an einen privaten Investor verkauft? Im beihilfenrechtlichen Kapitel wird untersucht, was die öffentliche Hand als Verkäufer bei der Veräußerung einer ihrer Liegenschaften zu beachten hat, um dem Käufer keine verbotene Beihilfe zu gewähren. Denn gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Das Vorliegen einer Beihilfe setzt nicht notwendigerweise einen Transfer von staatlichen Mitteln voraus. Es handelt sich auch dann um eine Beihilfe, wenn der Staat auf Einnahmen verzichtet. So kann eine Immobilientransaktion durch die öffentliche Hand an ein Unternehmen mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe gemäß Art 107 Abs 1 AEUV einhergehen, sofern diese nicht zu üblichen Marktbedingungen erfolgt und der Käufer hierdurch marktunübliche Vorteile erlangt. Sofern keine Ausnahmeregel zur Anwendung gelangt, muss der Europäischen Kommission jede staatliche Beihilfe zur Genehmigung vorgelegt werden. In der Vergangenheit waren Elemente staatlicher Beihilfen bei Verkäufen von Liegenschaften durch die öffentliche Hand immer wieder Gegenstand der Ermittlungen der Europäischen Kommission. Im vergaberechtlichen Kapitel wird untersucht, wann der Grundstücksverkauf der öffentlichen Hand vergaberechts- und somit ausschreibungspflichtig ist. Der Verkauf eines Grundstücks durch die öffentliche Hand ist in der Regel kein ausschreibungspflichtiger Bauauftrag, da ein solcher die Ausführung eines Baus zum Gegenstand haben muss. Sehr wohl von einer Ausschreibungspflicht ist jedoch auszugehen, wenn Festlegungen über die künftige Verwendung des Grundstücks vertraglich geregelt werden. In einigen Entscheidungen der letzten Jahre hat sich der EuGH mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen solche Liegenschaftsverkäufe dem Vergaberecht unterliegen. Diese sollen im Rahmen der Arbeit näher beleuchtet werden. Im Ergebnis stehen aber reine Grundstücksveräußerungen ohne unmittelbare wirtschaftliche Interessen der öffentlichen Hand außerhalb des Vergaberechts. Vorgaben zur Sicherstellung von bloß öffentlich-rechtlichen Interessen wie zum Beispiel Stadtentwicklung oder Umweltschutz schaden nicht. Diese Arbeit soll der öffentlichen Hand als Leitfaden in Hinblick auf beihilferechtliche und vergaberechtliche Aspekte von Liegenschaftsveräußerungen dienen.